Theresa Sperling - Slammerin und Jugendbuchautorin am Gymnasium Nordhorn

Eine Lesung der ganz anderen Art – Theresa Sperling, 2015 Finalistin der Niedersächsisch-Bremischen Poetry Slam Meisterschaften und Autorin zweier Jugendromane, simulierte am 10.02.2017 in der mehr als gefüllten Aula des Gymnasiums Nordhorn einen Slam. Dabei gelang es ihr, die Schüler in die Welt unterschiedlichster Figuren abtauchen zu lassen, ihr Leben nachzufühlen und zu verstehen. Warum zieht sich ein junges Mädchen nach Kommentaren zu seinem doch durchaus ansehnlichen Körper immer mehr zurück? Was sagen Mütter ihren Söhnen und warum bleiben andere Dinge unausgesprochen? Was passiert mit den Träumen eines Flüchtlingskindes, welches des Landes verwiesen wird?

Die Schüler hatten vier Texte der Autorin, die zugleich als Moderatorin agierte, mit Punktetafeln zu bewerten.

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„Überaus streng“, so die Autorin, berieten sich die Schüler nach jedem Text, kamen zu einem gemeinsamen Ergebnis und hielten ihre Zahlen in die Höhe. Dabei betonte Sperling, wie stark die Bewertungen der Texte auf jeder Veranstaltung divergieren. Schülerbewertungen seien meist nicht vorhersehbar. So sei der Text „Sezierung“, in dem es um das Schönheitsbild Jugendlicher und dem damit verbundenen Selbstwertgefühl geht, ein sehr „sicherer Text“ auf einem „richtigen“ Slam. Wie urteile ich über andere Körper? Was bleibt im Gedächtnis meiner Freundin, wenn ich ihr mitteile, wie schön sie ist? Was bleibt, wenn ich ihr sage, dass sie nicht perfekt ist? Wie sage ich es ihr und sage ich es überhaupt? All diese Fragen werden angerissen, dringen in die Köpfe ein und regen zum Nachdenken an. Und dennoch, sie scheinen nicht so zu berühren wie die Geschichte eines Flüchtlingskindes. Der Text blieb, wie die folgenden zwei Texte „Söhne“ und „Ludwigs Blumen“ hinter dem führenden Text zurück.

„Amilija“, ein Text über die Abschiebung eines Flüchtlingskindes, überzeugte derart, dass mehrfach die Höchstzahl auf den Punktetafeln erschien. „Texte, die die Menschen selbst in ihrem Erfahrungsschatz berühren, die sie in ihrer Lebenswelt erfassen, entscheiden zumeist über Erfolg oder Misserfolg“, so die Autorin. Dies dürfe man als Slammerin nicht persönlich nehmen, es sei der stetige Umgang damit auf den Wettstreiten. „Amilija“ also, ein Mädchen, so Sperling, welches in ihrem Unterricht erschien. Nur kurz, denn bald musste sie wieder gehen. Sie beeindruckte durch ihren Umgang mit Sprache, ihren Umgang mit ihren Träumen, welche zurück im Heimatland bilderlos ausfallen sollten. Ganz nebenbei hören wir eine Geschichte von einem alten blauen Kugelschreiber, der das Mädchen auf der Flucht begleitet, ihre Träume auf Händen, Oberarmen und Beinen festhält, da kein Papier zur Hand ist. Ein Kugelschreiber, der schließlich in Deutschland bei Amilijas Lehrerin verbleibt. Ein Kugelschreiber, den sie, so schreibt das Mädchen auf einer Postkarte sehnsuchtsvoll erklärend, wieder abholen möchte, wenn sie erwachsen ist. Denn seine Striche führen ihre „Träume in das Land, wo sie wirklich zuhause sind“. „Menschen kann man abschieben, ihre Träume aber nicht“ – einprägsam, beeindruckend und bedrückend zugleich. Ein Text, der die 10 Punkte wahrlich verdient.

Im zweiten Teil stellte Sperling ihre zwei Jungendromane vor. Auszüge aus dem Roman „Mittelmeersplitter“ – eine Geschichte vom Liebenlernen und Lebenwollen – gaben den Schülern erste Einblicke in das Aufblühen einer jungen Liebe. Zwei Protagonisten, die in den gelesenen Auszügen kaum unterschiedlicher sein können und dennoch wagt es das Mädchen Annika, den Anfang zu machen. Sie spricht den „Freak“, einen jähzornigen Außenseiter an, und es entspinnt sich eine Geschichte, in der beide sich trotz aller Warnsignale immer näher kommen. Ihr zweiter Roman, der erst im März dieses Jahres erscheinen wird, widmet sich der Fantasy. Ein Sprung in eine andere Welt, verwirrt, beängstigt, setzt das Publikum unter Spannung. Wie geht es weiter? Das erfahren wir im März.

Wir bedanken uns bei Theresa Sperling für eine sehr berührende und abwechslungsreiche Lesung! Ein weiterer Dank geht an den Förderverein des Gymnasiums Nordhorn. Dieser übernahm großzügig die Gesamtkosten der Veranstaltung.

Anne Hilbers