Curriculare Einbindung von Komponenten der Berufs- und Studienorientierung, -wahl;

Erlasslage

Kann man die "Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung" ( Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5.Februar 1971 ) als Ausgangspunkt sehen, so stellt der Erlass "Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen ( Erl. d. MK v. 01.12.2011 ) Legitimation und Forderung der verschiedensten Aktivitäten dar, wie sie auch am Gymnasium Nordhorn in Zusammenarbeit mit der Berufsberatung zu finden sind. Die Umsetzung ist dabei vor allem auch durch die Oberstufenordnung ( VO-GO bzw. EB-VO-GO vom 12.02.2014 ) gegeben. In den "Ergänzenden Bestimmungen" Abschnitt 5.4 und 5.5 wird für die Einführungsphase eine umfassende Information der Schülerinnen und Schüler und der Erziehungsberechtigten in Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen der Berufs- und Studienberatung gefordert. Weiter wird dann im Abschnitt 8.4 im Rahmen des Fachunterrichts in Politik-Wirtschaft "Unterricht zur Studien- und Berufswahlvorbereitung" im Umfang von mindestens 10 Stunden vorgeschrieben. Diese Bestimmung ist auch im derzeit vorliegenden Entwurf vom 20. 02.2015 enthalten.

Um der " Brückenfunktion " der Einführungsphase Rechnung zu tragen, sollen auch Schülerbetriebspraktika angeboten werden. Der Erlass zur Berufsorientierung vom 1.12.2011 hebt dabei neben funktionalen und sozialen Aspekten ausdrücklich auch die Berufsorientierung hervor (vgl. auch Der Niedersächsische Kultusminister (Hrsg.), Gymnasiasten in Arbeits- und Berufswelt ).

Fachspezifische Anknüpfungspunkte finden sich vor allem in den inhaltlichen Vorgaben für das Fach Politik-Wirtschaft und zwar für fast alle Jahrgänge. So wird für die Einführungsphase verbindlich das Rahmenthema "Arbeit und Strukturwandel" gefordert. Weiter werden innerhalb dieses Themas Beispiele für Unterrichtsthemen benannt, die sich in besonderer Weise zur Einbeziehung von Betriebspraktikum und Studien- und Berufswahl vorbereitendem Unterricht eignen. Innerhalb des Unterrichts in der Mittelstufe soll das Lernfeld "Arbeit und Konsum" verbindlich über das Schlüsselproblem "Ökonomie und Umwelt" erschlossen werden: "Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie Beruf und Berufswahl sind wichtige Schwerpunkte insbesondere im Zusammenhang mit Betriebspraktikum, Betriebserkundungen und der Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt."

Außerhalb des Faches Politik finden sich im Deutschunterricht deutliche Bezüge zu berufskundlichen Inhalten. So wird für die Sekundarstufe I die Behandlung von Bewerbungsschreiben, Lebenslauf und Vorstellungsgespräch gefordert. Diese Themen spielen auch im Englisch- und Französischunterricht eine Rolle. Neben direkten Bezügen lassen sich zuletzt für jedes Fach Hinweise auf berufsnahe Themen - z.B. in Erdkunde unter landeskundlichen Fragestellungen, in Geschichte zur Krisenhaftigkeit ökonomischer Systeme o.a.- oder indirekte Hinweise auf Berufsorientierende Fragestellungen im Rahmen des pädagogischen Freiraumes - etwa Mikroelektronik in Mathematik/ Informatik - finden. Fächerübergreifend sei noch der „Zukunftstag für Mädchen und Jungen“ (Erl. d. MK v. 1.12.2011,4.5) genannt, der als Angebot für Schüler der Sekundarstufe I gilt.

Organisationsstruktur

Als Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen ergibt sich mit einigen Ergänzungen damit nachfolgendes Organisationsschema zur Berufsorientierung bzw. zum Berufswahl vorbereitenden Unterricht am Gymnasium Nordhorn:

Zeitpunkt Träger: Unterricht / Veranstaltung

Sekundarstufe I

  • Sekundarstufe I-Koordinator: Zukunftstag für Mädchen und Jungen
  • Deutsch, Englisch, Französisch: Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Vorstellungsgespräch
  • Politik: Beruf und Berufswahl (Gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Kriterien für die Berufswahl, Besuch im Berufsinformationszentrum
  • Oberstufenkoordinator: Information über die Kursstufe und Alternativen (z.B. Berufliche Gymnasien)

Einführungsphase

  • Politiklehrer: Vor- und Nachbereitung sowie Betreuung des Betriebspraktikums, Berufswahl vorbereitender Unterricht in Projektform wie im Folgenden beschrieben
  • Oberstufenkoordinator, Beratungslehrer: Information der Eltern zur Einführungsphase und zur Zusammenarbeit mit der Berufsberatung
  • Beratungslehrer: Organisation der Projekttage mit Berufsinformationszentrum, Besuch Saxion, Bewerbertraining, Vortrag FH Lingen, Psychologischer Eignungstest

Qualifikationsphase

 

  • SV: Informationen zu Studienangelegenheiten und einzelnen Fächern durch ehemalige Schüler
  • Beratungslehrer: Hochschulinformationstag (Münster), Seminar zur vertiefenden Berufsorientierung und Marketingstrategien im Bewerbungsverfahren (VME-Stiftung) für ausgewählte Schüler der Profilkurse Physik
  • Berufsberatung, Beratungslehrer: Informationsveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen wie Bundeswehr, Freiwilligen dienste, FSJ, Aupair, Auslandsstudium, ZVS u.a.
  • Kurslehrer: „Planspiel Börse", „Management Information Game", Besuch/Besichtigung von wissenschaftlichen Einrichtungen, Industriebetrieben, u.a.

alle Jahrgänge

 

  • Klassenlehrer: Betriebserkundungen als Bestandteil von Wandertagen
  • Beratungslehrer: Organisation verschiedener zuvor genannter Aktivitäten, Einzelfallberatung, Anbahnung von Kontakten, Verteilung von Informationsmaterialien

 

Beschreibung von Einzelelementen der Organisationsstruktur

Begabtenförderung

Das Gymnasium Nordhorn ist -gerade auch durch die Mitgliedschaft im Verbund der Hochbegabtenförderung- in besonderer Weise aufgefordert, die Interessen und spezifischen Bedürfnisse hochbegabter Schüler zu sehen und auf diese einzugehen. Dabei stellt die Bearbeitung von z.B. sozialpsychologischen Problemen oder solchen der Integration in den Klassenverband, von Aufmerksamkeitsdefiziten und sich daraus ergebenden weiteren Problemen ein originäres Aufgabenfeld jedes Beratungslehrers dar und wird auch im Rahmen der Einzelfallberatung durch diese abgedeckt; gegebenenfalls unter Mitwirkung existierender Unterstützersysteme wie Schulpsychologie, Beratungsstellen öffentlicher Einrichtungen oder privater Institutionen.

In Zusammenarbeit mit dem Klassenlehrer oder Tutor werden Schüler und Eltern über das sinnvolle weitere Vorgehen beraten. All dies trifft selbstverständlich entsprechend auch für besonders leistungsschwache Schüler und deren spezifische Probleme zu.

Der "Schullaufbahnberatung" kommt im Zusammenhang zur besonderen Förderung hochbegabter Schüler die Aufgabe zu, deren besondere Interessenlage im Rahmen des existierenden Konzeptes zu berücksichtigen. Dies geschieht - wiederum neben dem Angebot der Einzelfallberatung durch die Beratungslehrer- durch Information (und konkrete Hilfe bei der Anbahnung von Kontakten) über spezielle Angebote z.B. von Universitäten oder anderen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung, Wettbewerbe und Initiativen öffentlicher Träger. Ein besonderes Problem stellt hier jedoch die geographische Randlage unserer Schule verbunden mit der unzureichenden Anbindung an den Nah-) verkehr dar. Eine "Schüleruni", angeboten z.B. durch die Universitäten Osnabrück, Oldenburg oder Hannover, ist für unsere Schüler in der Regel nicht erreichbar. Die Universität Enschede wäre geographisch eine Alternative, zumal es hier bereits einen Kooperationsvertrag gibt (vergl. „Organisationsstruktur", weiter oben). Wohl durch das niederländische (Ganztags-) Schulsystem bedingt gibt es allerdings in diesem speziellen Bereich kaum Angebote.

Informationsveranstaltung in der Einführungsphase durch die Berufsberatung

Eine im Klassenverband von der Berufsberatung durchgeführte Doppelstunde leistet einen allgemeinen Einstieg und bietet die Möglichkeit, die Interessenlage der Schüler/-innen aktuell zu sondieren. Der Beratungslehrer vereinbart vor Beginn jedes Schuljahres die Termine und die inhaltliche Gestaltung. Im Vordergrund stehen dabei die Information und Beratung über konkrete Berufsfelder und unterschiedliche Ausbildungs-/ Studiengänge mit ihren jeweils vermittelten Qualifikationen. Weiterhin soll aber auch der bereits in der Mittelstufe hergestellte Kontakt zur Berufsberatung gepflegt werden, damit die Schüler/-innen sich hier ggf. individuell um vertiefende Informationen bemühen.

Bewerbertraining, Psychologischer Eignungstest und Kontakt zu den Universitäten/Fachhochschulen in Enschede und Lingen

Im Rahmen von Projekttagen für die Einführungsphase soll vor allem dem vielfach geäußerten Schülerwunsch nach konkreten Hinweisen und Tipps für Berufs- und Studienwahl Rechnung getragen werden. Das "Bewerbertraining" stellt eine halbtägige Seminarveranstaltung dar, zurzeit getragen und durchgeführt von der Kreissparkasse Nordhorn Kooperationspartner).

Ergänzt wird diese Veranstaltung durch das Angebot zur Teilnahme an einem in der Schule angebotenen und durchgeführten "Psychologischen Eignungstest" eines professionellen Anbieters. Vor allem das "Stärken- und Schwächenprofil" soll dem Teilnehmer helfen, Defizite zu erkennen und -im besten Fall- zu beheben. Die Besichtigung vor allem der Fachhochschule in Enschede zeigt den Schülern/-innen die Möglichkeit einer eher praxisorientierten Gestaltung eines Studiums auf. Kunsthochschule und Universität stellen eine Ergänzungen des Programms dar, da ein Studium in den Niederlanden gerade wegen der Grenzlage Nordhorns immer eine Überlegung wert ist. Besuche unserer Schule (v.a. in der Qualifikationsphase) durch Professoren oder Studenten von Universitäten haben zum einen informativen /orientierenden Charakter, tragen aber auch zum Abbau von Ängsten bei. Hinzu kommt eine Informationsveranstaltung der Fachhochschule Lingen mit dem Schwerpunkt „Duale Studiengänge“.

Betriebspraktikum

Seit der Verlagerung des Betriebspraktikums aus der Jahrgangsstufe 9 in die Einführungsphase und der Verlängerung von zwei auf drei Wochen sind die Rückmeldungen aus den Betrieben und die Stellungnahmen der Schüler/-innen eindeutig positiv. Besondere Bedeutung in Bezug auf die berufliche Orientierung erhält das Praktikum durch die Wahl des Praktikumplatzes durch die zukünftigen Praktikanten selbst. Gleiches gilt für die gründliche Vor- und Nachbereitung des Praktikums im Fach Wirtschaft-Politik. Konkrete Beobachtungs- oder Analyseaufträge könnten sich auch aus dem hier durchgeführten Projektunterricht ergeben und dürften den Teilaspekt Berufsorientierung unter den sonstigen Intentionen des Betriebspraktikums stärken.

Hochschulinformationstag

Ein Besuch des Hochschulinformationstages der Universität Münster wird jeweils für den Abschlussjahrgang angeboten. Münster scheint wegen der akzeptablen Entfernung und des großen Angebots an Studienmöglichkeiten prädestiniert. Wichtig dabei, dass die Fachlehrer der Profilkurse das -leider immer erst relativ kurzfristig vorliegende- Programm der jeweiligen Fachbereiche intensiv mit den Schülern/-innen besprechen, sodass diese sich vorab einen durchführbaren Plan erstellen können. Die Schüler/-innen sollten unbedingt animiert werden, während ihres Besuches zu versuchen, Kontakt zu Studenten des jeweiligen Faches zu bekommen, da diese über wirklich authentische Informationen verfügen.

Informationsmaterial

Das Berufswahlmagazin "Abi" wird ebenso wie andere besonders wichtige Publikationen über die Tutoren an ihre Tutanden verteilt; "Unicum Abi" erhalten die Schüler/-innen der Einführungsphase über ihre Klassenlehrer. Sonstiges Informationsmaterial wird -nach Vorauswahl- zur Mitnahme im Bürotrakt ausgelegt. Sofern es sich um Beratungsmaterial -etwa zu Studienmöglichkeiten in den Niederlanden- handelt verbleibt es in der Hand des Beratungslehrers. In den Computerräumen werden verschiedene CDs von Universitäten, zu Bildungsprogrammen und Studienplatzübersichten gesammelt. Ein Programm zur Berufswahl ist auf allen Rechnern installiert, damit es auch z.B. in Vertretungsstunden genutzt werden kann.

Betriebserkundungen

Durch den Wegfall der Textilfirmen Nino, Povel und Rawe tut sich hier eine Lücke im Angebot auf, zumindest ist der organisatorische Aufwand zur Besichtigung eines Großunternehmens (z.B. Karmann in Osnabrück, Meyer-Werft in Papenburg oder VW-Werk in Emden) deutlich gestiegen. Der Arbeitskreis "Schule - Wirtschaft" versucht, die Beziehungen zwischen Wirtschaftsunternehmen und Schulen des Kreises vielfältig zu verbessern. Träger dieses Arbeitskreises sind die Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V. und der Industrielle Arbeitgeberverband Osnabrück - Emsland e.V. Für Lehrer angebotene Betriebserkundungen sollen und können dabei den direkten Kontakt zu einzelnen Betrieben herstellen. In der Schule gesammelte und dem Kollegium zur Verfügung gestellte Informationen über mögliche Ansprechpartner in einzelnen Betrieben erleichtern die Organisation z.B. von Unterrichtsgängen oder auch etwa Besichtigungen im Rahmen von Wandertagen.

Entscheidungshilfen vor Eintritt in die Einführungsphase

Stellt für einen Realschüler das Ende der 10. Klasse einen deutlichen Bruch dar, der automatisch mit einem ( Schul- ) Wechsel verbunden ist, so geht für den "typischen" Gymnasiasten die schulische Laufbahn mit der Versetzung in die Einführungsphase in der Regel unreflektiert weiter.

Gerade in Nordhorn bieten sich aber z.B. mit den Berufsbildenden Gymnasien Alternativen zum Erlangen des Abiturs an, die unter Umständen für einzelne Schüler/-innen durchaus interessant sein könnten, die andererseits wegen des fachspezifisch gestalteten Unterrichts mit engen Belegverpflichtungen sorgfältig überlegt sein wollen.

Hier sind unbedingt rechtzeitig, also wohl kurz vor den letzten Halbjahreszeugnissen Informationsveranstaltungen für diese Jahrgangsstufe vorzusehen.

10.12.2014

Anlage: Hochbegabtenförderung - Konzepthbf